„Der Gesellschaft wieder etwas zurückgeben“

Baden-Baden (vo) – Sigmund Kiener feiert seinen 80. Geburtstag. Der erfolgreiche Baden-Badener Unternehmer ist gleichzeitig ein Stifter aus Leidenschaft.

Sigmund Kiener ist mit Baden-Baden eng verbunden und kann sich keine schönere Stadt für sein Leben vorstellen. Foto: Privat

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Sigmund Kiener ist mit Baden-Baden eng verbunden und kann sich keine schönere Stadt für sein Leben vorstellen. Foto: Privat

Von BT-Mitarbeiter Jürgen Volz

„Letztlich bleibt ein Unternehmer immer ein Unternehmer“, sagt Sigmund Kiener. „Insbesondere dann, wenn er alles selbst aufgebaut hat.“ Deshalb ist er auch heute noch nahezu täglich in seinem Baden-Badener Family-Office anzutreffen. Doch jetzt ist es an der Zeit, das persönliche Engagement tatsächlich etwas zurückzufahren. Kiener hat allen Grund dafür: Am morgigen Ostersonntag wird der Gründer von Infoscore 80 Jahre alt.

Es ist eine dieser außergewöhnlichen Unternehmer-Geschichten, von denen es heutzutage nicht mehr allzu viele gibt. Der studierte Wirtschaftswissenschaftler beginnt seine berufliche Karriere zunächst beim Regierungspräsidium Nordwürttemberg. Doch Kiener hat das Unternehmer-Gen und geht 1971 in die freie Wirtschaft zum Versandhändler Peter Hahn. Elf Jahre später folgt der Wechsel zur Quelle-Gruppe. Dort arbeitet er in verschiedenen Führungspositionen, unter anderem als Vorstand von Quelle Schickedanz. Die gesammelten Erfahrungen nutzt Kiener und verlässt Quelle 1995, um etwas Eigenes aufzubauen. Er erkennt das enorme Potenzial der Firmengruppe Strübel aus Rastatt, übernimmt diese und baut sie in kürzester Zeit zur Finanzdienstleistungsgruppe unter dem neuen Namen Infoscore aus. Schwerpunkte sind die Bereiche Information, Forderungsmanagement und Scoringsysteme. Ein Standortwechsel nach Baden-Baden bringt dem jungen Unternehmen weiteren Schub. Innerhalb weniger Jahre entstehen mehr als 1.000 Arbeitsplätze.

Hauptsitz für Baden-Baden gesichert

Das rasante Wachstum von Infoscore veranlasst Kiener in der Folge zu neuen Weichenstellungen. 2005 entschließt er sich, mit der Bertelsmann-Gruppe, die später als Arvato Infoscore zum Marktführer für Inkassodienstleistungen im deutschsprachigen Raum wird, zu fusionieren. Bis 2009 bleibt Kiener dort als Beiratsvorsitzender maßgeblich an der Weiterentwicklung beteiligt. Schon einige Jahre zuvor hatte er jedoch vertraglich dafür gesorgt, dass Arvato Infoscore seinen Hauptsitz in Baden-Baden behält und dafür lukrative Angebote von Private-Equity-Gesellschaften ausgeschlagen. „Meine Familie und ich sind mit ganzem Herzen Baden-Badener Bürger. Ich hätte es nicht verwunden, wenn bei der von mir gegründeten Firmengruppe Arbeitsplätze verloren gegangen wären.“

Natürlich folgte Sigmund Kiener auch nach der Zeit bei Arvato Infoscore weiter seinem Unternehmer-Geist. Er ist und war Gesellschafter zahlreicher Fonds und Private-Equity-Unternehmen sowie Mitglied in Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräten. Vor allem jedoch hat er sein eigenes erfolgreiches Finanzunternehmen S.K. Management- und Beteiligungs GmbH. Es investiert unter anderem in Beteiligungen an wachstumsorientierten Firmen, Immobilien und Finanzanlagen. Für seine Verdienste erhielt Kiener zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Ausgeprägtes soziales Engagement

Der wirtschaftliche Erfolg, entstanden aus viel Arbeit, „aber auch mit dem dafür notwendigen Glück“, wie er sagt, ist die eine Seite des Menschen Sigmund Kiener. Eine zweite ist das ausgeprägte soziale Engagement. „Ich hatte das Bedürfnis, der Gesellschaft etwas zurückzugeben“, betont er mit Blick auf seine gemeinnützige Stiftung, über die das Festspielhaus Baden-Baden sowie zahlreiche soziale und medizinische Projekte gefördert werden, und die auch die Kinder-Musik-Welt „Toccarion“ komplett finanziert. Schon seit 2001 ist er Stifter und Stiftungsrat des Festspielhauses mit zeitweisem Vorsitz.

Seine eigene Stiftung rief Kiener 2007 ins Leben. Sie hat ihre Schwerpunkte in der Wissenschaft und Forschung, der Aus- und Weiterbildung, in Kunst und Kultur sowie in der Förderung des Unternehmertums. Ein dickes Ausrufezeichen setzte der kulturbeflissene Geschäftsmann mit der Gründung der Kinder-Musik-Welt „Toccarion“ im Jahr 2013. Wegen der prachtvollen Räumlichkeiten direkt am Festspielhaus wird diese europaweit einzigartige Einrichtung auch als das „schönste Kinderzimmer Deutschlands“ bezeichnet. Mehr als 70.000 Kinder haben das „Toccarion“ bisher besucht. „Es geht darum, Kinder an die Musik heranzuführen und sie dauerhaft zu begeistern“, begründet er sein Engagement. Solche Kinder seien im späteren Leben kommunikativer, phantasievoller und selbstbewusster.

Jetzt bewusst Zeit für Familie nehmen

Wie überhaupt der Jubilar den Lebensabend nun in der Gewissheit genießen kann, dass er sowohl im Unternehmen, als auch in seiner Stiftung den Generationswechsel frühzeitig eingeleitet hat. „Dennoch macht es mir Freude, mich insbesondere mit meinen Kindern und dem deutlich jüngeren Management unternehmerisch auszutauschen“, sagt er. Gleichzeitig bekennt der (Un)-Ruheständler: „Im Aufbau meiner Firmengruppe hatte ich zu wenig Zeit für private Belange.“ Für Ehefrau, Kinder und Enkel nimmt er sich diese nun ganz bewusst. „Mich freut es besonders, dass mein Sohn Stefan neben seiner Rechtsanwaltskanzlei zusammen mit seiner Frau Nicole die Leitung der Kinder-Musik-Welt übernommen hat, und mein Sohn Sascha als Wirtschaftler im Bereich Augmented Reality selbst unternehmerisch tätig ist.“ Beiden stehe er nach wie vor mit seinem Rat zur Verfügung. Darüber hinaus kümmert sich Kiener deutlich mehr um seine Hobbys Reisen, Sport und Musik. Besonders letztere hat es ihm angetan. „Die kulturelle Vielfalt vom Festspielhaus bis hin zu Künstlern wie Marc Marshall machen den Reiz in Baden-Baden aus. Ich selbst könnte mir keine schönere Stadt für mein Leben vorstellen.“

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Erstellt:
16. April 2022, 11:05 Uhr
Lesedauer:
ca. 3min 22sec

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