Anwohner: „Momentan ist der Schreck groß“

Gernsbach (stj) – In der Faltergasse am Rande der Gernsbacher Altstadt sollen vier Doppelhäuser entstehen: Der Gemeinderat hat am Montag ein entsprechendes Bebauungsplanverfahren eingeleitet.

Nicht mal ein Gehweg: Die Faltergasse soll für die Erschließung von vier Doppelhäusern herhalten. Foto: Stephan Juch

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Nicht mal ein Gehweg: Die Faltergasse soll für die Erschließung von vier Doppelhäusern herhalten. Foto: Stephan Juch

Von Anna Strobel und Stephan Juch

„Momentan ist der Schreck groß“, gab Patrick Bandel während der Bürgerfragestunde Einblick in das Seelenleben der Anwohner in der Faltergasse. Sie hätten aus der Zeitung erfahren, was dort geplant ist. „Wir haben einige Fragen“, betonte Bandel und verwies insbesondere auf die geografische Lage, die problematische Erschließung („wir haben nicht mal einen Gehweg“) und auf etwaige Folgekosten, die für Anwohner entstehen könnten, wenn schweres Gerät die enge Faltergasse hinauffährt.

„Wir befinden uns erst ganz am Anfang des Verfahrens“, beschwichtigte Bürgermeister Julian Christ und versicherte, dass in dessen Verlauf alle Belange Berücksichtigung fänden. Die Stadtverwaltung sieht im rückwärtigen Bereich des Grundstücks Waldbachstraße 21 sowie der Grundstücke Faltergasse 2 und 6 Potenzial für vier Doppelhäuser, die sich den Hang hinauf entwickeln. Um die Erschließung möglich zu machen, müsse das Haus Faltergasse 6 abgerissen werden, damit von dort die Tiefgarage angefahren werden könne, erläuterte Albert Betting. Der Sachgebietsleiter im Baurechtsamt wies darauf hin, dass der Ensembleschutz der Altstadt an der Faltergasse 4 ende; zudem habe die obere Denkmalschutzbehörde des Regierungspräsidiums Karlsruhe die Schutzwürdigkeit des Hauses Faltergasse 6 bereits zurückgestuft, weshalb ein Abriss möglich sei und eine entsprechende Genehmigung bereits erteilt worden sei.

Große Bedenken wegen des Denkmalschutzes

Wegen des Denkmalschutzes „haben wir ganz große Bedenken“, sagte Dr. Irene Schneid-Horn. Die Fraktionssprecherin der SPD nannte es „kein gutes Zeichen an private Investoren in der Altstadt, dass man sich den Denkmalschutz so zurechtbiegen kann, wie man das möchte“. Hier werde ein „Haus geopfert, das unter Schutz steht, weil es für die Erschließung notwendig ist“, bedauerte Schneid-Horn und fragte, ob es da nicht andere Möglichkeiten gebe. Zwar haben die Sozialdemokraten „eine kritische Grundhaltung gegenüber diesem Projekt“, dem Aufstellungsbeschluss stimmten sie aber zu. Die bauliche Entwicklung in diesem Bereich befürworteten auch die Freien Bürger. Das Vorhaben sei zwar „sehr anspruchsvoll“, wie Uwe Meyer betonte, es aber wert, planerisch vorangetrieben zu werden. Dafür brauche es ein geordnetes Verfahren, in dem alle kritischen Fragen in Ruhe abgearbeitet werden können. Damit sprach der Fraktionschef dem Bürgermeister aus der Seele, der sich bewusst sei, hier mit „viel Augenmaß“ agieren zu müssen.

„Die Faltergasse ist ein Problem“, weiß auch Albert Betting. Aber die Verkehrsuntersuchung habe ergeben: „Das wird funktionieren.“ Zudem meinte der Baurechtsexperte, dass man es dem Investor „schon hoch anrechnen“ müsse, dass alle Stellplätze unter die Erde kommen. Um „die optimale Erschließung“ über die nur einspurig zu befahrende Faltergasse realisieren zu können, benötige man Zeit – und dafür das Bebauungsplanverfahren samt Veränderungssperre, erklärte Betting.

Mit ersterem gingen die Grünen d’accord, mit der Veränderungssperre hatten sie „ein bisschen Bauchschmerzen“, weil dieses Instrument den betroffenen Immobilienbesitzern ein Stück weit die Handlungsfreiheit raube – etwa was eine energetische Optimierung anbelangt. Für derlei „sinnvolle Maßnahmen“ könne man „ohne Weiteres“ Ausnahmegenehmigungen erteilen, erwiderte Betting und warb für die Veränderungssperre zur Sicherung der Planungsabsichten – auch aus formalen Gründen. Letztlich wurde diese ohne Gegenstimme erlassen.

Wird in Gernsbach so viel Wohnraum benötigt?

Was die Einleitung des Bebauungsplanverfahrens anbelangt, gab es sechs Gegenstimmen aus den Reihen der CDU. Stefan Eisenbarth stellte die Frage in den Raum, ob „in Gernsbach so viel Wohnraum benötigt“ werde und zählte die zahlreichen Projekte auf, mit denen solcher zuletzt neu geschaffen worden ist oder derzeit entsteht. Angesichts dessen sei es ein „Unding“, für ein denkmalgeschütztes Gebäude eine Abrissgenehmigung zu erteilen, ohne dass darüber vorher im Gemeinderat gesprochen worden wäre. Der Rest des Gemeinderats stimmte aber für die Einleitung des Verfahrens, mit dem vier neue Doppelhäuser am Rande der Altstadt möglich gemacht werden sollen.

Birgit Gerhard-Hentschel und Stefan Krieg, die Doppelspitze der Grünen-Fraktion, „wünschen sich einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan“ für die Faltergasse. Ein solcher räume der Stadt einen „viel größeren Handlungsspielraum“ ein. Betting erklärte, dass die Verwaltung ebenfalls die Absicht verfolge, mit dem Investor auf einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan umzuschwenken. „Wir wollen uns Zeit nehmen, um alles sauber abzuarbeiten“, ergänzte Bürgermeister Christ. Er und seine Mitarbeiter unterstrichen die Ansicht, dass sich das Bauvorhaben gut in die Umgebung einfüge. Man verfolge das Ziel, das Projekt in den nächsten zwei Jahren zu realisieren.


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