Badener Tagblatt

Im Obstgut Leisberg sterben junge Bäume

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Im Obstgut Leisberg sterben junge Bäume

Unterstützung: Waldtraud Nölle zeigt, wie Lattenkreuze eingesetzt werden.

Von Conny Hecker-Stock
Baden-Baden – Das Obstgut Leisberg lechzt unter dem Mangel an Wasser, die Bäume schreien förmlich vor Durst. Einige sind aufgrund der Trockenheit bereits in die Knie gegangen. Ein Hilferuf am Brunnen spricht alle Spaziergänger an, Wassereimer zu füllen und besonders den Baumnachwuchs zu gießen.

„Hilfe! Die jungen Bäume brauchen dringend Wasser!!! Wenn du hier spazieren gehst und ein paar Minuten Zeit hast schnapp’ dir einen Eimer…“ Die Vorsitzende der Bürgervereinigung Unterbeuern, Waldtraud Nölle, hat den Zettel gut sichtbar am Brunnen vor der Obstscheune angebracht, Eimer stehen daneben. Die Situation ist ernst, zeigt ein Blick auf die Obstbäume. Die immense Trockenheit setzt ihnen so zu, dass bereits fünf der 20vom Gartenamt erst im November gepflanzten jungen Kirsch- und Mirabellenbäume wohl nicht mehr zu retten sind. Umso dringlicher ist es jetzt, intensiv zu gießen, um keine weiteren Bäume zu verlieren.

„Gemeinsam für das Gemeinwohl“ steht auch noch auf dem Zettel. Und neben der Bitte um das Leben spendende Nass der Hinweis, dass die jungen Bäume an ihren Stützpfählen zu erkennen sind. An diesem Morgen ist, wie schon oft, eine Gruppe aus dem Kinder- und Jugendheim im Obstgut zu Besuch. Als sie von dem Aufruf hören, packen sie sofort mit an, schöpfen unermüdlich Wasser aus dem Brunnen und tragen die Eimer auch zu den weiter hinten stehenden Bäumen. Denn das ist die Crux. „Die vorderen Bäume werden jetzt wahrscheinlich ertränkt, aber die eher abseits stehenden haben ebenso Durst“, bittet Nölle darum, weitere Wege nicht zu scheuen.

Den Äpfeln beispielsweise setzt die Hitze so zu, dass sie förmlich Sonnenbrand haben, „die zeigen richtig rote Backen“, sagt Nölle. Die Ernte wird wahrscheinlich trotzdem gut ausfallen, im Gegensatz zum ertraglosen Vorjahr. Allerdings gut vier Wochen zu früh. Doch damit tut sich ein neues Problem auf. Erste Äste brechen aufgrund der Trockenheit und der Fülle an Äpfeln ab. Es stehen Lattenkreuze bereit, um die Äste zu stützen oder Gurte, um sie hochzubinden. Die Baumpaten sollten jetzt jedoch rigoros kleinere Äpfel abnehmen, um die Last des Baumes zu mindern. Der steckt dann seine ganze Kraft in die verbleibenden Früchte, die größer und leckerer werden. „Pro Apfel benötigt der Baum rund 40 bis 60 Blätter, damit er ausreifen kann“, erklärt die BGU-Vorsitzende. Momentan sei durch zu viel Obst und zu wenig Blätter die Fotosynthese gestört. So kann nicht genug Zucker gebildet werden, um den gesamten Baum zu ernähren.

Es gibt zwar einige Quellen im Obstgut. Doch die offenen sind bereits versiegt, die unterirdischen geben auch kaum noch etwas her. Das Wasser an dem Brunnen fließt stetig, es wird vom Trinkwasser der Obstscheune gespeist. Eine Baumpatin hat sich bereits gemeldet, sie würde Geld spenden für mehrere Wassersäcke. Diese werden bei der Pflanzung mitsamt dem Baum eingegraben. Sie müssen nicht so häufig nachgefüllt werden, was eine bessere Dosierung verspricht. Es wäre mit dem Gartenamt zu klären, ob so etwas auch nachträglich möglich ist, erläutert Nölle. Sollten sich noch mehr Sponsoren für Wassersäcke finden, wäre das eine Möglichkeit, die Obstbäume auch künftig über heiße Sommer zu bringen.

Mittags kommt Vladimir mit seinem Freund David im Obstgut vorbei. Einfach so, um zu fragen, ob sie etwas helfen können. Auch sie packen mit an. Vladimir stammt aus der Ukraine und war vor Kurzem mit seiner Mutter und etlichen anderen Familien im Obstgut eingeladen, um hier einen unbeschwerten Tag zu verbringen. Seither ist eine enge Verbindung gewachsen. Baumpate Martin Kuhnsch sieht nachmittags den Zettel am Brunnen. Der Lehrer für Sport und Technik an der Werkrealschule Lichtental war schon öfter mit Schulklassen bei verschiedenen Aktionen im Obstgut. Er reagiert sofort und mobilisiert seine Jugend. „Alle Bäume sind gegossen“, bekommt Waldtraud Nölle abends die frohe Botschaft aufs Handy.

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