2 699 Meter unter Bühl
Von Joachim Eiermann
Bühl - Nahezu 40 Jahre sind vergangen, seit in Bühl ein Loch in die Erde gebohrt wurde. 2 699 Meter tief. Auf dem Grundstück in der Siemensstraße bedeckt seither eine Metallplatte den Schacht, auf dem - nach den Entbehrungen der Zeit der Ölkrise - einst große Hoffnungen ruhten. Das Wasser erwies sich heißer als vermutet. Gleichwohl schlug das "Pilotprojekt Rheintalgraben" fehl, die Haushalte in der Weststadt mit geothermischer Energie versorgen zu können. Das Projekt "Bühl 1" wurde letztlich eingestellt, doch das Bohrloch ist geblieben. Am großen Rohrkopf, der die Leitung seither verschließt, nagt der Zahn der Zeit. Er hat inzwischen kräftig Oberflächenrost angesetzt, hält dem Druck von 14 bar jedoch stand, berichtet Markus Benkeser, der für Klimaschutz und Energie zuständige Rathausexperte. Doch in welchem Zustand befindet sich die Rohrleitung? Dazu gibt es derzeit nur Vermutungen. Die zielen darauf ab, dass das mit schwach mineralhaltigem Wasser gefüllte Bohrloch noch immer in guter Verfassung ist.
Hintergrund Auch soll eine Inspektion Auskunft über Druckprofil und Dichte des Rohrsystems geben. "Die kritischen Punkte sind an den Übergängen", so Benkeser. Also da, wo sich ein "neues" Rohr an das vorhergehende anschließt. Dazu wurde einst eine dünnere Fortführung in die stärkere Leitung eingeschoben. Die Verrohrung verjüngt sich auf diese Weise in vier Abschnitten von anfänglich 32 Zoll (81 Zentimeter) Durchmesser bis auf sieben Zoll (18 cm). Mit den Untersuchungen muss die Stadt beim Landesbergamt den Beweis führen, dass vom Überbleibsel des einstigen Geothermie-Projekts keine Gefahr ausgeht. Unterdessen soll aber auch erkundet werden, ob sich noch irgendwie nutzen lässt, was vor vier Jahrzehnten mangels erhofftem Erfolg nicht weiter betrieben wurde. Die Optionen lauten: Schließung und Verfüllung des Bohrlochs, Teilverfüllung bei Einbau einer Erdwärmesonde oder gar eine Neuauflage des Geothermie-Projekts. Das Investitions-Risiko eines Geothermie-Kraftwerks mit neuerlichem Versuch, in bis zu 3 000 Metern eine heiße Quelle anzapfen zu können, bewegt sich nach Benkesers Erkenntnissen in der Größenordnung von 20 Millionen Euro. Dazu bedürfe es zudem einer zweiten Bohrung und Leitung, um das nach oben beförderte Thermalwasser nach dem Wärmeentzug wieder zurückführen zu können. "Die Erfolgschancen liegen unter 50 Prozent", sagt Benkeser. Aus seiner Sicht mache es keinen Sinn, dieses Projekt weiter zu betreiben. Zumal 1982 die Wiederaufnahme schon einmal geprüft und verworfen wurde. Zweite Variante: Das Bohrloch bis auf 1000 Meter zu verfüllen und an diesem Punkt eine Erdwärmesonde einzulassen. "Hierbei stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit", erläutert Benkeser. Grob geschätzt dürfte das Wasser in dieser Tiefe etwa 90 Grad heiß sein. Das könnte möglicherweise ausreichen, um ein auf dem Grundstück zu errichtendes Gebäude und eventuell auch einen Nachbarn mit geothermischer Energie versorgen. Lasse sich auch diese Projektidee nicht realiseren, verbliebe letztlich nur die fachgerechte finale Verfüllung des Bohrlochs, was der Stadt letztlich eine halbe Million Euro abverlangen würde. Danach könnte sie jedoch das rund 4 000 Quadratmeter große Grundstück veräußern. "Interessensbekundungen haben wir genug", so Benkeser. Die Entscheidung trifft letztlich der Gemeinderat. Die geophysikalischen Erkundungen sollen innerhalb einer Woche abgeschlossen sein. "Ich schätze, dass die Ergebnisse bis Ende April vorgestellt werden können", sagt Benkeser. Ob noch der alte Gemeinderat einen Beschluss fassen wird oder der neue, der am 26. Mai gewählt wird, ist eine weitere Unbekannte in Sachen Bohrloch. Zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
|
Ausgabe wählen
Top-Themen
Umfrage
Viele Bürger empfinden die Verwaltungssprache als zu kompliziert. Würden auch Sie sich einfachere Formulierungen auf Ämtern wünschen? Kommentierte Artikel
Meistgelesene Artikel
|