Zettelwirtschaft an der Kasse
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Von Jürgen Volz
Baden-Baden - "Brauchen Sie einen Kassenbon?" - diese Frage hört man häufig beim Bezahlen nach dem Einkaufen. Und oft ist die Antwort "Nein" - weil man das Papier sowieso gleich wieder zerknüllen und wegwerfen würde. Ab 1. Januar erledigt sich die Frage. Denn in Deutschland tritt ein neues Kassengesetz in Kraft und in dessen Folge kommt die Bon-Pflicht. Dann wird der Kassenzettel Usus.
Allerdings muss der Kunde den ausgedruckten Beleg - anders als in anderen europäischen Ländern - nicht mitnehmen. Und digitale Lösungen, die es durchaus gibt, sind häufig mit Blick auf den Datenschutz problematisch. Im zuständigen Bundesfinanzministerium in Berlin ist man davon überzeugt, dass sich Verfehlungen bei Prüfungen vor Ort anhand von Kassenzetteln leichter herausfinden lassen. Allerdings muss erst die Praxis zeigen, ob dem tatsächlich so ist. Die Händler und Dienstleister sind jedenfalls nicht begeistert. Zumal sie ebenfalls im kommenden Jahr ihre Kassen sowieso mit einem neuen System ausrüsten müssen. Auch das ist Teil des besagten Maßnahmenpakets. Eigentlich sollte damit am 1. Januar gestartet werden. Aufgrund technischer Probleme wird es bundesweit aber nicht vor Ende September losgehen. Unabhängig vom Zeitpunkt: Handelsverbände beklagen, dass die Systemumstellung der Kassen zur besseren Kontrolle eigentlich ausgereicht hätte. Die Bon-Pflicht sei dadurch überflüssig. "Am Ende führt diese Vorschrift nur zu einer Mehrbelastung, denn der Einzelhandel sorgt mit den eingesetzten Kassensystemen schon lange dafür, dass Steuern ordnungsgemäß und nachvollziehbar abgeführt werden", sagt Phillip Morio, Referent für öffentliche Angelegenheiten beim Handelsverband Baden-Württemberg (HBW). "Bisher drucken viele Händler den Beleg nur aus, wenn der Kunde ihn auch benötigt. Dadurch lässt sich viel Papier sparen - dieses kleine Stück Nachhaltigkeit geht durch die Regelung verloren", nennt Morio einen weiteren Kritikpunkt. In der Tat: Die Zettelwirtschaft belastet die Umwelt. "Im Einzelhandel rechnen wir mit mehr als zwei Millionen Kilometern zusätzlicher Länge an Kassenbons im Jahr", sagt Ralph Brüggelmann, Steuerexperte des Handelsverbands Deutschland (HDE). Damit könnte man die Erde 50 Mal am Äquator umwickeln. Die Kassenzettel produzieren also eine Menge Müll. Zudem bestehen die Bons nicht aus normalem Papier. Sie sind in der Regel beschichtet und müssen in den gelben Sack oder in den Restmüll. "Zum Glück lässt die neue Regelung einige Ausnahmen zu", sagt HDE-Experte Brüggelmann. Denn es gibt bundesweit tausende kleinere Geschäfte mit einer großen Laufkundschaft, die keine elektronische Kasse haben. Sie können sich von der Bonpflicht befreien lassen, wenn die Ausgabe eine unzumutbare Belastung wäre. Oder man denke an die zahllosen Beschicker von Wochen- und Weihnachtsmärkten. Auch sie müssen weiterhin keine Kassenbons an ihre Kunden ausgeben.
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