Holländer macht den Bisons Beine
Von Holger Siebnich
Bühl - Zum Start der Vorbereitung auf die neue Bundesligasaison zeigen sich die Bisons verspielt. Beim Training in der Großsporthalle wechseln die Volleyballer erst einmal die Sportart. Anstatt den Ball übers Netz zu schmettern, versuchen sie, ihn in einen Basketballkorb zu pritschen. Die Spieler teilen sich in zwei Gruppen auf, wer zuerst sieben Bälle versenkt hat, gewinnt. Trotz allem Spaß hält der neue Trainer Johan Verstappen die Zügel fest in der Hand. Seine Stimme schallt laut durch die Halle, immer wieder korrigiert er die Haltung der Spieler. Der Holländer hat eine klare, einfache Philosophie: "Klappe zu und und arbeiten. Dafür sind wir hier." Rund 30 Zuschauer verfolgen am Mittwochnachmittag das Training. Anschließend geht es im Biergarten des "Badischen Hofs" in die Verlängerung. Dort sitzen Spieler und Fans nebeneinander, die Atmosphäre ist ungezwungen und familiär. Manager Manohar Faupel fordert die Volleyballer auf, sich kurz vorzustellen. Diesmal müssen sich die Fans nicht an ganz so viele neue Gesichter gewöhnen, wie es in der Vergangenheit der Fall war. "Die meisten müssen mich kennen, ich gehe jetzt in die vierte Saison", sagt etwa Außenangreifer Felix Orthmann. Viel Applaus erhält der Franzose Sébastian Roatta, der auf Deutsch sagt: "Ich bin Sébastian." Den Rest seiner Vorstellung macht er dann aber doch lieber auf Englisch: "I will give my very best for you." Den lautesten Zuspruch erhält aber Trainer Verstappen, der eine leidenschaftliche Ansprache hält. "Ich war begeistert von dem Projekt in Bühl", erzählt der 49-Jährige von seiner Gefühlslage, als ihn Faupel im vergangenen Jahr kontaktierte, um ihn als neuen Bisons-Bändiger zu gewinnen. In seiner vorherigen Tätigkeit als U-20-Bundestrainer und als Coach des VCO Berlin hatte sich Verstappen um die Nachwuchsarbeit gekümmert. Daran schließe sich die Bühler Philosophie an, junge Talente zu rekrutieren. Die meisten der aktuell zwölf Spieler sind 22 bis 24 Jahre alt. Der Ungar Alpár Szabó sei mit 29 schon "ein alter Sack", scherzt Verstappen, um aber gleich nachzuschieben: "Solche Leute braucht man auch." Er ist begeistert davon, wie viele Fans in den Biergarten gekommen sind. Dieses Gemeinschaftsgefühl will er nutzen: "Das hier ist nicht meine Show. Wir alle sind die Bisons." Das kommt bei den Anhängern gut an. Dieter Habich, Chef des Fanclubs Baden Rockets, applaudiert laut. "Die Ansprache hat mir wahnsinnig gut gefallen", sagt er. Einige Tage zuvor hatten sich die Mitglieder des Fanclubs und die Mannschaft bereits bei einem Grillabend beschnuppern können. Das sportliche Potenzial des Teams vermag Habich noch nicht einzuschätzen, "aber menschlich passt das brutal gut". Neben der engen Verbindung zwischen Fans und Team hat Coach Verstappen in den zwei Wochen seit seiner Ankunft bereits die gute Organisation des Vereins schätzen gelernt: "Das ist nicht überall in Deutschland so. Da kann Bühl stolz auf sich sein." Umstellen muss er sich allerdings in Sachen Trainingsdomizil. Bei seinen vorherigen Stationen standen ihm und seinen Teams in der Regel Hallen zur Verfügung, die sie allein nutzten. Jetzt muss er die Trainingszeiten so legen, dass sie nicht mit Schul- und Breitensport kollidieren. Aber der Holländer will nicht meckern: "Es ist nur eine Umgewöhnung." Eine Umgewöhnung ist auch das Leben in Bühl im Vergleich zu Berlin. Verstappen hat eine Wohnung gegenüber der Sporthalle bezogen. Frau und Tochter leben in den Niederlanden, er sieht sie nur einmal im Monat. Doch der Coach ist bereit, solche Opfer zu bringen. Das verlangt er auch von seinen Spielern. Dazu passt sein Motto: "Pain, Passion, Progression" - Schmerz, Leidenschaft, Fortschritt.
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