Auf der schwierigen Suche nach einem typischen Birg
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Gernsbac h (ueb) - Mit den Worten "nicht stehen bleiben" als Otto Birgs Credo eröffnete Sabine Katz am Samstag die 231. Kunstausstellung in den Fluren des Gernsbacher Rathaus. Besonders schön sei, wie die Bürgermeister-Stellvertreterin fand, dass dies im Rahmen des 800-Jahr-Stadtjubläums durch einen Gernsbacher Künstler erfolge.
Obwohl Birg seine Kinder- und Jugendjahre nicht im Murgtal verbrachte, zählen seine mehr als 50 Jahre in Gernsbach (von 1961 bis zu seinem Tod 2015) vielleicht zu seinen wichtigsten Schaffensjahren. "Das war schon eine ganz besondere Zeit", erinnerte die Karlsruher Galeristin Rita Burster, als der 1926 in Georgshausen (im zu Jugoslawien gehörigen Banat) geborene Birg nach dem Besuch einer Kunstschule in Wien und einer Nürnberger Kunstakademie 1948 an der Karlsruher Akademie der Bildenden Künste aufgenommen wurde. Entsprechend seiner aufnahmebereiten Jugendlichkeit beeinflussten besonders die damals schon bedeutenden Malergrößen Karl Hubbuch und Erich Heckel, Mitglied der "Künstlergruppe Die Brücke" Birgs künstlerisches Schaffen. Das wurde in den 50er Jahren entgegen dem Geschmacksempfinden der Nachkriegszeit als geradezu epochal empfunden. Der junge Maler kam mit dem Expressionismus und der klassischen Moderne in Berührung und entwickelte durch enge Kontakte zu anderen Künstlerkollegen eine kreative Vielfalt, wie sie auch in der gegenwärtigen Ausstellung zu bewundern ist. Und das so erfolgreich, dass schon vor Studienabschluss seiner ersten Ausstellung im Jahre 1952 in Baden-Baden später zahlreiche Präsentationen im In- und Ausland folgten. Auf den ersten Blick passen die Bilder von Otto Birg so gar nicht zusammen. Kann der auch kunstgeübte Betrachter besonders Werke von Malergrößen sicher dem Namen des Künstlers zuordnen, muss er sich bei Birg doch noch einmal der Signatur des Künstlers vergewissern. Gleich beim Betreten der Ausstellung empfängt den Besucher eine breite Vielfalt an Stilmitteln und Techniken wie Aquarell- oder Gouache-Farben, Pastellkreide, Kohle, Tusche und auch Kugelschreiber. Und er staunt über die Motive, die von Stillleben, Landschaften, einer Jesusfigur an Kreuz, von lautstarker Tischrunde über Mutter mit Kind, üppigen Blumensträußen, buntem Straßentreiben, Damentreff, Waschsalon und Taubenfüttern reicht. Die Dame auf gleichnamigem, kleinformatigem Tusche-Bild scheint vor lauter Zartheit wegfliegen zu können. Schwer, fast schwerfällig im Öl-Farbauftrag, das "Bergdorf", "der Blumenstrauß", der "Oleander". Im Gegensatz dazu, in stringentem Schwarz-Weiß die Darstellung "Akt". Und nur wenige Schritte davon entfernt ein unbetitelter Farbkosmos, direkt und unvermittelt gegeneinandergesetzt. Dessen expressive Farbigkeit winkt die Ausstellungsbesucher geradezu herbei, um sie zum Stehenbleiben zu animieren. Damit ist auch nur ein Teil der mehr als 70 Exponate genannt. Doch diese Vielfalt der Motive, das thematische Umdenken-Müssen empfindet der interessierte Betrachter nicht als unangenehm. Dabei kann der Besucher nach Deutungen und der Wirkung auf sich selbst suchen. Eine Besonderheit zeichnet das Wirken des auch überregional bekannten Malers aus: Birgs Kunstwerke am Bau. In Gernsbach sind das eine Stele aus Beton im Innenhof der Realschule, das Sgraffito "Lebensbaum" an der Von-Drais-Schule, ein Brunnen an der Obertsroter Ebersteinhalle, mehrere Wappen an der Fassade des Rathauses und ein "Kindertor" aus Aluminium an der Augusta-Sybilla Schule in Rastatt. Ganz zum Schluss erwähnt, aber doch als musikalischer Bereicherung gleich zu Beginn der Ausstellungseröffnung genossen, waren die beiden Musikvorträge durch die Violinisten Werner Roth und Ulrike Merz. Die Ausstellung ist bis zum 5. November zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu besichtigen.
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